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Schön hier, aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?

Warum sich Hajks durch den Pfälzer Wald selbst für Schwaben und Badener lohnen – und für alle anderen auch

Wenn die Rover der BPS hajken gehen, darf die Bundesführung nicht faul zu Hause sitzen – so dachten wir uns und machten uns an einem Freitagnachmittag Mitte Juli mit gepackten Rucksäcken aus verschiedenen Richtungen auf den Weg nach Karlsruhe. Von dort aus ging es im Auto weiter gen Westen: Wir hatten uns den Pfälzer Wald als Hajkgebiet ausgewählt. Als wir auf der Fahrt dorthin an einer Korbflechterei vorbeikamen, zogen wir kurz in Erwägung, mit Körben statt mit Rucksäcken hajken zu gehen, verwarfen den Gedanken jedoch schnell wieder, da das Auto schneller war als unsere Entscheidungsfreude.

Unseren Startort – die Kirche von Birkenhördt – hatten wir dank lexis Ortskenntnissen bald erreicht und so konnten wir frohgemut in unser Abenteuer starten. Die erste Etappe führte gleich steil den Berg hinauf, belohnte uns an der Friedenskapelle aber dafür gleich mit der ersten schönen Aussicht auf den Pfälzer Wald und auch mit ein bisschen Abendsonne. Unsere Mägen waren gegen einen längeren Aufenthalt (uns frommte ein Essen) und trieben uns stattdessen weiter zur Silzer Linde, unserem Schlafplatz für diese Nacht. Das kleine Schutzhüttlein ließen wir links liegen und schlugen unser Biwak stattdessen mitten im Wald auf, während die andere Hälfte von uns die äußerst schmackhafte Maultaschen-Ei-Zwiebel-Pfanne zubereitete. Den weiteren Abend verbrachten wir mit Erdarbeiten zur Optimierung des Schlafplatzes (Joni) und dem Verspeisen von Gummibärchen (alle anderen).

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Friedlich schlummerten wir an diesem ruhigen Ort fernab der Zivilisation ein … zumindest vorerst, denn etwa ab Mitternacht drang plötzlich laute Musik aus dem Tal zu uns hinauf – und hörte nicht mehr wieder auf. Die Feierfreude der Pfälzer schien keine Grenzen zu kennen: Als wir am nächsten Morgen aus den Schlafsäcken krochen, lief die Musik immer noch, wenn auch ein klein bisschen leiser. Erst, als die ersten Motorsägen aufheulten, schien das Dorffest zu einem Ende zu kommen. Wir hielten unsere Erfahrung noch für einen kuriosen Zufall, sollten aber schon bald eines Besseren belehrt werden. Doch dazu später mehr.

Erstmal stärkten wir uns mit einem leckeren Haferschleim für den Wandertag vor uns und machten uns dann auf den Weg zu unserem ersten Zwischenziel, der Burg Lindelbrunn. Immer mit dabei (zumindest in Gedanken) waren Oma Erna mit ihrem E-Rollator sowie zwei alte Mulis am Wegesrand und der zugehörige Wagen. Am Lindelbrunn (oder zumindest an einem Brunnen in der Nähe der Burg) füllten wir unsere Flaschen, stiegen dann zur Ruine auf und fragten uns zum ersten, aber nicht zum letzten Mal: Werden die Burgen und Gebäude hier aus Sandstein gebaut oder direkt aus Sandstein geschnitzt? Oben gab es mal wieder eine schöne Aussicht, außerdem frischen Kaffee, völlig erschöpfte E-Biker, weniger erschöpfte Pferde und sehr viele sehr alte, aber ebenfalls nicht sehr erschöpfte DPSGler, die gerade auf Wanderung waren.

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Von Erschöpfungszuständen waren wir ebenfalls noch recht weit entfernt – gut so, denn nach einem Abschnitt durch etwas niedrigere Gefilde führte unser Pfad wieder erbarmungslos den Berg hinauf, bis er irgendwann vor einem Sandsteinfelsen endete: Dem Hühnerstein, der mit Hilfe einer Leiter bestiegen werden kann und uns die bisher beste Aussicht der Tour bot: 360° Pfälzer Wald. Spätestens hier waren wir davon überzeugt, ein ausgezeichnetes Hajkziel gewählt zu haben. So begeistert von der Gegend (und gestärkt durch einige M&Ms) nahmen wir unser Ziel ins Visier: Das Winterkirchel. Und weil der Weg so schön war, liefen wir den Rundweg einfach in die Richtung, die uns den längsten Weg ermöglichte – Oma Erna macht das schließlich auch immer so.

Am Winterkirchel wurde eine ausgiebige Arbeitssession eingelegt – wir waren ja schließlich nicht zum reinen Vergnügen hier. Und so hatten wir die Gelegenheit, lexis Vorliebe für Statistiken kennenzulernen, provokante Fragen zu sammeln und Martins innovatives Druckkonzept zu bestaunen. Doch beim Arbeiten sollte es nicht bleiben: natürlich wurde auch ausgiebig gespeist, ebenso ausgiebig getrunken (nein, kein roter Wein im Becher, dafür bestes Quellwasser aus der direkten Umgebung des Winterkirchel) und noch ausgiebiger gesungen, die mit uns wandernde Gitarre hatten wir schließlich bisher sträflich vernachlässigt. Wir gratulierten uns zu diesem ausgezeichneten Übernachtungsplatz fernab von jeglicher Zivilisation.

Und just in dem Augenblick – ihr ahnt es schon – begann im Tal die Musik wieder zu dröhnen. Offenbar hatte einer der antiken Traktoren die Musikanlage tagsüber von einem Dorf ins nächste gekarrt oder vielleicht hatte hier auch einfach jedes Dorf seine eigene Anlage. Zweifelsohne waren wir jedenfalls mitten in die örtliche Rave-Saison geraten. Zum Glück war unser Gesang noch lauter und die etwas skurrile Situation regte unsere Dichtkünste an. Aber wie heißt es so schön: Was auf dem Hajk passiert, bleibt auf dem Hajk.

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Die Nacht im Kirchel war recht kurz, denn schon früh am nächsten Morgen ging es wieder abwärts, da wir lexi pünktlich bei seinen Großeltern abliefern wollten (Familienfeiern haben selbstverständlich Vorrang). Dank der antiken Karte (ähnlich alt wie die Traktoren) hatten wir noch etwas mehr von dem wunderschönen Weg, bevor aus unserer Vierer- eine Dreiergruppe wurde. Der Pfälzer Wald zeigte sich heute von einer anderen, aber ebenso schönen Seite: etwas weniger Wald, mehr Tal und auch mehr Sonne. Joni zitierte vor Begeisterung quasi pausenlos aus seinem imaginären Reiseführer, während unsere Schritte immer schleppender wurden. So ganz frisch waren wir dann doch nicht mehr ;-)

Doch nicht nur die Oberschlettenbacher hatten für uns vorgesorgt und so manche Bank am Wegesrand platziert. Wir hatten ja Zeit und unser Ziel, die Kirche von Birkenhördt und damit Martins Auto, kamen auch schlurfend unaufhaltsam näher. Wir waren uns einig: Sehr schön war es gewesen. Nur ob es ein sehr schöner oder ein sehr schönes Hajk gewesen war, darüber konnten wir uns nicht einigen…

 

Und damit alle was davon haben, wenn die Bundesführung hajken geht, hier noch ein paar Empfehlungen und Informationen zum Hajken im Pfälzer Wald:

Hajken im Pfälzer Wald?           

Unbedingt!

Landschaft

Viel Wald, vor allem Laubwald. Der ein oder andere Sandsteinfelsen. Antike Traktoren. Lesetipp: „Ein Blick über den Kraterrand: Schöne Wandergegenden jenseits von Steinheim. Band 1: Der Pfälzer Wald“ von Jonathan H.

Sehenswürdigkeiten

Auf unserer Route z.B. die Ruine Lindelbrunn oder der Hühnerstein. Antike Traktoren. Lesetipp: „Die schönsten Statistiken und Fakten über den Pfälzer Wald – Band 1 – 7“ von Nils I.

Flora

Es ist der Pfälzer Wald – natürlich vor allem Bäume! Blumen und Wiesen gibt es aber auch ;-)

Fauna

Rehe, Vögel, Fliegen, ein paar Mücken, Eidechsen, ein toter Hirschkäfer, sehr viele Mistkäfer (mit sehr geringer Lebenserwartung), Schmetterlinge. Lesetipp: „Der Schmetterling – wie er wurde, was er ist“ von Jonathan H.

Menschen

Nett. Interessante Bräuche. Lesetipp: „Das merkwürdige Verhalten der Pfälzer Ureinwohner während der Rave-Saison“ von Friederike D.

Kultur

Etwa im Juli beginnt im Pfälzer Wald die Rave-Saison (nehmen wir an). Wer sich unters Volk mischen möchte, muss im Tal bleiben. Die Musik hört man überall. Lesetipp: „Ich glaube, das will niemand hier hören“ von Martin S.

Übernachten

Z.B. in der Winterkirchel. Die hat sogar eine eigene Quelle – man muss nur wissen wo (wir verraten es euch gerne).

Wanderwege

Ausgezeichnet und wirklich schön. Aktuelles Kartenmaterial ist zu empfehlen J

Fazit

Lohnt sich!

Foto: Martin

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Foto: Rike

Ein Artikel von Rike