Foto: Region Süd-Ost

Sommerlager der Region Süd-Ost 2010

Wahnsinn…

…was Jugendliche auf die Beine stellen, wenn man sie machen läßt. Rein zufällig wurde Wahnsinn - beziehungsweise eigentlich das persische Wort dafür - der Slogan für das Regionslager der BPS Region Süd-Ost. Gar nicht zufällig, dafür aber umso engagierter übernimmt die neue Regionsführung in Bayern (Robin 18, Lukas 19 und Max 21) die Lagerverantwortung für das Regionslager Süd-Ost. Es ist durchaus wert das zu erwähnen, weil das in der BPS nicht immer so war, dass Pfadfinder und Rover die Verantwortung für größere Aktionen übernehmen. Dieses RELA nur einen tollen Erfolg zu nennen wäre reichlich untertrieben – es ist der Wahnsinn.

Aber der Reihe nach. Es ist Samstag, der 21. August und einer der ersten wirklich sommerlichen Tage im August des Jahres 2010 im südlichen Bayern, als ca. 20 ältere Pfadfinder und Rover auf dem idyllischen Lagerplatz am Michelsberg bei Fronhofen – nahe dem Nördlinger Ries – eintrudeln und fröhlich schwatzend beginnen eine größere Jurtenkonstruktion für 140 Pfadis aufzubauen. Erstaunlich schnell steht die 8m hohe und 12m breite bzw. lange Konstruktion. Das ist sehr erfreulich, denn so bleibt mehr Zeit für den gemütlichen und kulinarisch wertvollen Lagerfeuerabend mit jeder Menge Spaß und verwegen klingenden Fahrtenliedern.

Richtig bunt wird es dann am nächsten Tag, als zu Hauf anrollende stinkende Blechkisten massenhaft klufttragende Pfadfinderinnen und Pfadfinder ausspucken.

Ein unbedarften Zuschauer hätte wohl schnell den Vergleich zu einem Ameisenhaufen gezogen, denn genauso wuselig, aber auch genauso koordiniert arbeiteten 140 Pfadfinder am Aufbau der Zeltstadt mit Schlaf-Kohten, Versammlungs-Jurten, Kochtischen, Werkzeugständern, Sitzplätzen und anderen Bauten. Irgendwann dazwischen wird bereits gekocht - auf offenen Holzfeuern, wie übrigens auch während des gesamten restlichen 8-tägigen Lagers. Das ist manchmal herausfordernd, sowohl für die kochenden Jugendlichen, als auch für manchen älteren Gaumen, der sich an neuen, spannenden, aber meist interessanten Geschmackserlebnissen freuen darf. Mit der einbrechenden Dunkelheit ist die Lagerstadt aufgebaut und die „Einwohner“ treffen sich in 4 Unterlagern zum Feiern und Singen – sprich zum Lagerfeuerabend.

Um nochmals auf das bereits kurz thematisierte bayerische Wetter zu kommen. Nach 4 Wochen nahezu durchgehenden Regens genießen wir erstmal 2 wunderbare Sommertage, ordentliche Regengüsse in der Nacht - die uns da nicht weiter stören - und auch einen Regentag, den aber hatten geniale Ablaufplaner zum Besuch eines naheliegenden Schwimmbades ausersehen. Da stört das bisschen Nass von oben dann auch nicht mehr weiter. Dass 140 Pfadfinder ein kleines Provinzbad an den Rand seiner Leistungsfähigkeit bringen können, erfahren wir, als wir uns beim erleichtert aufatmende Betriebspersonals des Bades nach dem Verlassen desselben bedanken. Wir haben dem kleinen Hallenbad mit noch kleinerem Aussenbecken nämlich soeben einen neuen Besucherrekord bzw. ein neues Allzeithoch für sich gleichzeitig im Becken befindenden Badegäste beschert.

Aber wie kommt man eigentlich auf ein Lagermotto wie Wahnsinn? Eigentlich ganz einfach, man sucht sich die Zeit Nebukadnezars II, Daniels und seiner 3 Freunde als Lagerthema aus, erfährt vom zeitweiligen Wahnsinn dieses persischen Königs und konzipiert verschiedenste Aktionen für die Lagerwoche die einfach nur wahnsinnig stark sind und schon ergibt sich das Lagermotto wie von selbst.

Schon der Workshoptag mit mehr als 20 angebotenen Workshops von Keilschrift, Kalligraphie, Perlenschmuck, Salbenherstellung, Schnitzen, Malen und anderem mehr ist voller Kreativität und Aktivität und einfach nur – der Wahnsinn. Am Aktionstag kann man wählen zwischen Floßbau auf einem nahen Baggersee, Erkundung von historischen Stätten in der Umgebung wie z.B. einer Burgruine und … einem „Blind Date“ mit der Natur. Dabei kann man sich als Gruppe, mit verbundenen Augen und ausgerüstet mit einer topografischen Karte, an einen unbekannten Ort mitten in einen Wald fahren lassen. Die Herausforderung ist es bis zum Abendessen zurück am Lagerplatz zu sein. Mehr als 80% der Teilnehmer entscheiden sich für ebendiese Herausforderung – er ist der Wahnsinn!

Und dann sind da noch der Markttag und das Große Spiel. Beides findet natürlich in historischer mehr oder weniger korrekter Verkleidung statt. Zur Einstimmung auf diesen Lagerabschnitt erleben wir einen Markttag zu dem jede Sippe einen Beitrag vorbereitet hat. Zur Mittagszeit gab es babylonische Schmankerln en masse. Im Erdofen gebackenes Brot mit eher undefinierbarem Aufstrich, orientalische Fruchtspieße, Rahmfladen, gegrillte Würmer (angeblich aus echtem Schweinefleisch), babylonische Süßspeisen, die aussehen wie in Semmeln gepresste Negerküsse oder Ähnliches. Dann aber auch Sportwettkämpfe im Bogenschießen oder mit der Steinschleuder. Letztere sind dabei besonders interessant, denn hat man den wassergefüllten Ballon mit dem geschleuderten Steinchen zerstört kommt über eine Wippkonstruktion eine Süßigkeit zum erfolgreichen Schleuderer herabgeschwebt. Auch die Schönen können sich im babylonischen Studio verwöhnen oder mit bunten Zöpfchen verschönern lassen um anschließend ins gemütlich eingerichtete Teehaus zum Schwatzen zu flanieren. Natürlich gibt es dort verschiedenste orientalische Teesorten und zum Zeitvertreib Schach oder andere Brettspiele.

Tief und aktiv in die Welt Daniels und Nebukadnezars eintauchen kann man dann im Großen Spiel. In beeindruckenden Anspielen und mit noch beeindruckenderen Kostümen schaffen die Protagonisten einen eindrucksvollen Rahmen für mehrere Spielabschnitte zu schaffen. Mahr als 20 Sippen wetteifern um die begehrten Bänder in Gold, Silber und Bronze an die Sippenwimpel. Da wird mit Rohstoffen und Handelswaren geschickt gehandelt um prunkvolle Gebäude, Gärten und Einrichtungen fürs aufstrebende Babylon zu errichten. Mit letztem Einsatz und um den Preis zerrissener Klamotten wird um die Stadt Susa und auch den eigenen Lebensbändel gekämpft. Kreative Beiträge zum abendlichen Festmahl zu kochen gehört da eher zum entspannenden Teil. Es ist – der Wahnsinn.

Bleibende Eindrücke hinterlassen auch die Zeiten am Vormittag, in denen die Sippen sich an Hand von gut vorbereiteten Arbeitstexten mit Bibeltexten im Buch Daniel befassen und sich darüber austauschen was das für uns als Christen ganz persönlich heute bedeuteten kann. Das Ausrufezeichen dazu bildet dann der Abschlussgottesdienst  am letzten Lagertag, der zu konkreten Schritten und zur Anwendung des Gehörten ermutigt.

Wahnsinnig schade ist einzig und allein, dass wir alle nach 8 unvergesslichen Tagen zurück ins alltägliche Leben müssen, was viele ähnlich einem Kulturschock hart trifft.

Und ehe ich’s vergesse: Dass nahezu alles von der Gesamtverantwortung für das Lager, über die Verpflegungslogistik, Beiträge zum Markt und das Große Spiel von Jugendlichen auf die Beine gestellt wurde ist – der helle Wahnsinn und echt stark. Ein herzliches Danke an alle Aktiven!