Foto: malu (Martin Steuer)

malu und die zehn slowenistischen Reformarten unterwegs im Land des strömenden Wassers

Wie wir mit neun Pfadfindern los zogen und mit elfen zurückkehrten

Was tut man, wenn den Sommer über fast alle Pfadiaktionen ausgefallen sind, einem Zuhause die Decke auf den Kopf fällt und man einfach mal wieder dem Alltag entfliehen möchte? Richtig, man geht auf Fahrt!

Das dachten sich auch einige Turmfalken und so sammelten sie eine bunt gemischt Gruppe von neun motivierten Pfadfindern und zwei ebenso motivierten Nicht-Pfadfindern um sich und beschlossen, zu Fuß Slowenien zu erkunden.

Los ging es Mitte September mit dem Nachtexpress – der weniger Express- als Bummelzug war – nach Jesenice, wo wir im Morgengrauen ankamen und uns erstmal einen Schlafplatz suchten, an dem wir ein wenig Schlaf nachholen konnten. Vier Stunden später machten wir uns per Bus auf den Weg zur Soča-Quelle. Nachdem wir ausgiebig die unglaubliche Farbe des Flusses bewundert hatten, begannen wir mit der Wanderung flussabwärts durchs Tal. Beim Singen, Reden und Essen lernte sich die Fahrtengruppe – die sich bald malu und die zehn slowenistischen Reformarten nennen sollte – besser kennen und so verbrachten wir schon den ersten Abend in entspannter Stimmung bei einer kleinen nachträglichen Geburtstagsfeier. Und obwohl niemand die Absicht hatte, eine Sonne zu errichten, schliefen wir bald schon strahlenförmig liegend unter einem unglaublich schönen Sternenhimmel ein.

Foto: malu (Martin Steuer)

Foto: Felix Rausch

Foto: Felix Rausch

Die nächsten Tage liefen wir über schmale Pfade durchs enge Soča-Tal weiter, freuten uns über schwingende Hängebrücken und genossen die warme Septembersonne, einige sogar bei einem Bad in der eiskalten Soča. Doch am vierten Tag überraschte uns Slowenien dann mit strömendem Regen, sodass wir uns triefend nass auf einen Campingplatz retten mussten, auf dem wir auf zwei befreundete Pfadfinder aus Porta-Westfalica trafen, die gerade mit ihren Kindern durch Europa reisen. Weil der Regen nicht nachließ und das Kaminfeuer auf dem Platz so angenehm warm war, beschlossen wir, auf dem Campingplatz zu nächtigen. Die Mitarbeiter dort erlaubten uns netterweise, uns eine Hütte mit ausgestopften Tieren zu teilen – das sogenannte Totenhaus – so dass wir nicht einmal die Plane auf der ohnehin reichlich überschwemmten Wiese spannen mussten.

Das weiterhin schlechte Wetter minderte unsere Laufbereitschaft etwas und führte dazu, dass wir uns für die Nacht mehrmals bei freundlichen Slowenen einquartierten. So schwanden auch die übrigen Fahrtenabzeichen, die wir als Dankeschön an nette Menschen und neu gewonnene Freunde verschenken. Im Gegenzug wurde uns dafür mehrmals köstlicher, frisch gepresster Apfelsaft geschenkt, den scheinbar so gut wie jeder Slowene aus eigenen Äpfeln herstellt. Von der Soča aus wanderten wir weiter ostwärts ins Bača-Tal hinein und nahmen dann den Zug in Richtung des Bohinj-Sees. Hier machten wir das erste Mal ausgiebig Bekanntschaft mit den slowenischen Bahnhöfchen und seinen Bahnhofsvorstehern, mussten wir doch in Bohinjska Bistrica mehrere Stunden unter dem Bahnhofsvordach ausharren, weil draußen ununterbrochen sintflutartige Niederschläge niedergingen.

Foto: malu (Martin Steuer)

Foto: malu (Martin Steuer)

Foto: malu (Martin Steuer)

Am vorletzten Tag unserer Fahrt besserte sich das Wetter wieder ein wenig, sodass wir beschlossen, die letzte Nacht draußen zu verbringen. Da wir früh einen Lagerplatz fanden, verbrachten wir den restlichen Nachmittag am nahen Bohinj-See und nutzten die Zeit für eine Worship-Runde, gutes Essen, einen kleinen Spaziergang am Ufer entlang und viele Gruppenfotos auf einer Klippe. Als der Abend nahte, spannten wir die Planen, kochten und entzündeten – nach dem klatschnassen Vortag recht mühevoll – ein Lagerfeuer. Der letzte Abend sollte feierlich mit einer Versprechensfeier und heißem Tschaj begangen werden, der wiedereinsetzende Starkregen machte uns jedoch einen Strich durch die Rechnung. Obwohl wir in letzter Hoffnung das Feuer noch am Leben erhielten, zwangen uns Regen und Kälte bald schon in die Schlafsäcke.

Kurz bevor wir endgültig dem Schlaf zum Opfer fielen, hörte der Regen jedoch plötzlich auf und drei Sterne funkelten vom Himmel auf uns herab. Freudig krochen wir aus den Schlafsäcken und versammelten uns am immer noch munter prasselnden Feuer. Dankbar und frohen Mutes kochten wir Tschaj und sangen Fahrtenlieder, bis schließlich der Moment der lang ersehnten Versprechensfeier gekommen war. Die ganze Zeit schon hatten wir gehofft, dass die Fahrt Philip und Marten überzeugen würde, das Pfadfinderversprechen abzulegen. In weiser Voraussicht hatten wir natürlich keine Mühen gescheut und zwei Halstücher mitgebracht. Feierlich nahmen wir die beiden also in den Kreis der BPS auf und so wurden aus neun Pfadfindern elf. Doch noch war die Versprechensfeier nicht vorbei. Nach geschätzten hundert Jahren ohne Fahrtennamen erhielt Martin in einer feierlichen Taufzeremonie seinen Fahrtennamen, zu dem wir extra ein Lied komponiert hatten. Anschließend ließen wir den Abend mit Schokolade, Tschaj und guten Liedern ausklingen, bis wir schließlich doch in den Schlafsäcken verschwanden.

Foto: Marten Becker

Foto: Felix Rausch

Foto: Felix Rausch

Der letzte Tag brach sonnig an und so wanderten wir in guter Laune die wenigen Kilometer zur Bushaltestelle, von wo aus es weiter nach Bled ging. Dort ließen wir uns am Rande des Sees nieder, erkundeten die Burg und den Burgberg, genossen noch einmal die Aussicht auf die wunderschöne slowenische Natur und nutzten die Zeit schließlich noch für eine ausführliche Abschlussrunde, in der wir uns über unsere schönste Überraschung auf dieser Fahrt und die Tops und Flops im Fahrtengepäck austauschten. Zum krönenden Abschluss der Fahrt kehrten wir ein, verspeisten genüsslich Pizza und saßen gemütlich im Warmen, während es draußen wieder zu tröpfeln begann. Beim Weg zum Bahnhof konnten wir so auch vom Regen noch gebührend Abschied nehmen. Am Bahnsteig nun trennten sich unsere Wege: Während neun die Heimreise antraten, stand für zwei von uns noch eine zweite Fahrtenwoche an. 

Als wir uns zur Abschiedsrunde versammelten, waren wir dankbar für die vergangenen neun Tage und selbst für die vielfältigen Varianten des slowenischen Wassers, die wir kennengelernt hatten: Die türkisblaue Soča, die klaren Bergseen, den mal behutsam tröpfelnden, mal trommelnden Regen, den Hagel und auch den Schnee, den wir von unten auf den Gipfeln der umliegenden Berge sehen konnten. Auch dank des Wetters hatten wir jede Menge Abenteuer erlebt, sehr gastfreundliche Menschen kennengelernt und waren als Gemeinschaft zusammengewachsen. Und wem beim Lesen noch Zweifel bleiben: Wenn eine Fahrt zwei Menschen davon überzeugt, Pfadfinder zu werden, dann muss sie gut gewesen sein! :-)

PS: Der Name unserer Fahrtengruppe ist korrekt geschrieben. Wer anderes behauptet, muss das nächste Mal malus Hinkelsteine tragen!

Ein Artikel von Lotte Frank