Foto: Ulla Werner

Die spinnen, die Römer!

Regionslager Mitte zu Gast bei Asterix und Obelix 2014

Asterix, Majestix und Gutemine sind entsetzt, als sie den schlafenden Obelix neben dem leeren Kessel finden. Kein Tropfen Zaubertrank ist mehr zu sehen – was sollen die Gallier jetzt nur tun? Miraculix weilt auf einem Gelehrtenaustausch in der römischen Proivnz Judäa, sein Austauschpartner Salomonix kann keine Zaubertränke brauen und niemand weiß, wie lange sich die Römer in Kleinbonum, Babaorum, Aquarium und Laudanum noch ruhig verhalten werden. Auch die Tatsache, dass Obelix nach dem Genuss des Zaubertranks diesmal immerhin nicht versteinert wurde, kann die Stimmung nicht heben, erst recht nicht, da Troubadix gerade ein Klagelied anstimmt. Schließlich ist es Gutemine, die einen Vorschlag hat: Miraculix‘ Vetter in Condate könnte eine Abschrift des Trankrezepts besitzen. Und so sendet der Häuptling Majestix sämtliche Bewohner des gallischen Dorfes auf den Markt nach Condate, um den mysteriösen Vetter und das Rezept zu finden...

Condate – wie auch das kleine gallische Dorf – befinden sich allerdings anders als in den Asterix-Comics nicht in der Bretagne, sondern auf dem Jugendzeltplatz Pfaffenwäldchen, der oberhalb von Rhens in der Nähe von Koblenz liegt. Und die Gallier sind in Wirklichkeit BPS-Pfadfinder der Region Mitte, die hier zum ihrem „ReLaMi“ (Regionslager Mitte) zusammengekommen sind. 215 von ihnen waren am Samstag, dem 26.07., aus ihren Heimatstämmen in Hessen, NRW und dem Saarland angereist und hatten die grüne Wiese des Zeltplatzes schnell in ein kleines Schwarzzeltdorf aus Kohten und Jurten verwandelt. Auch ein Aussichtsturm – ein Gemeinschaftsbauprojekt von Pfadis und Rovern aus verschiedenen Stämmen – war schnell errichtet. Am Sonntag wurde das Lager dann mit einem Gottesdienst und einem bunten Abend in der Arena des Platzes feierlich eröffnet.

Doch nun waren Pfadfinderhemden und -halstücher den gallischen Verkleidungen gewichen und die einzelnen Sippen versuchten im Marktgetümmel von Condate, von Händlern und Marktkunden mehr über den Vetter des Miraculix zu erfahren. Immer auf der Hut vor dem römischen Spion Taugenix musste man die unterschiedlichsten Personen befragen und mit den richtigen Geschenken erfreuen, um an die entscheidenden Informationen zu gelangen. Schließlich waren es die Rotmilane aus Breitscheid, die Miraculix‘ Vetter Hörnix fanden und mithilfe seiner Karte an das Zaubertrankrezept gelangten. Die Freude im Dorf war groß, doch beim Blick auf die Zutatenliste war klar: Die Gallier würden ein weiteres Mal ihr Dorf verlassen müssen, um all diese Dinge beschaffen zu können.

So machten sich die Sippen am nächsten Morgen schwer bepackt auf den Weg zu Goldminen, römischen Posten und Händlern am Ufer des Rheins, um an Goldstaub, römischen Würzwein oder Elfenbeinpulver zu gelangen. Auf den teils schmalen Wegen des Hunsrück, die die Pfadfinder durch Wälder, Wiesen und Weinberge führten, hieß es gleichzeitig Augen offen halten, um auch Trankzutaten wie Waldmeister, Spitzwegerich oder Kastanienblätter nicht zu übersehen. Die Regenschauer, die immer wieder niedergingen, wurden von vielen nach der schwülen Wärme der Vortage zumindest zu Beginn als Erfrischung empfunden. Und dank der frühzeitigen Warnung durch die am Lagerplatz Zurückgebliebenen kamen während des Unwetters in der Nacht auch fast alle Gruppen in den zahlreichen Schutzhütten der Umgebung – von denen eine gleich 23 Pfadfinder aufnehmen musste – unter oder kehrten rechtzeitig ins Lager zurück. Nicht wenige Sippen legten tatsächlich die komplette Strecke zu allen Stationen zurück und erreichten am nächsten Tag stolz, aber auch geschafft von der langen Wanderung wieder den Ausgangsort.

Passend zum freien Nachmittag kam auch irgendwann die Sonne wieder heraus und die Lagerteilnehmer gingen ihren Lieblingsbeschäftigungen nach („American Eagle“, Polenspiel, Pfadis aus anderen Stämmen besuchen, singen, auf dem Turm die Sonne genießen, schnitzen und vieles mehr), während sie sich von den Strapazen des Hajks erholten. Später trafen sich dann alle wie jeden Tag zur gemeinsamen Andacht in der großen Arena, bei der der jüdische Gelehrte Salomonix einem der Gallier davon berichtete, wie sein eigenes Volk in der Vergangenheit mit übermächtigen Feinden umgegangen war und wie die Israeliten diese ganz ohne Zaubertrank, aber dafür mit Gottes Hilfe immer wieder hatten besiegen können. Im Anschluss an die Andachten blieb immer genügend Zeit, um das Gehörte in den Sippen noch zu vertiefen.

Später stand der erste Singewettstreit der Region Mitte an, bei dem jeder Stamm mindestens einen Beitrag beisteuerte und bei dem die Teilnehmer durch kreative Ideen, schönen Gesang oder sogar durch beides zugleich überzeugen konnten und die Mädchen der Siedlung Porta Westfalica am Ende den ersten Platz belegten. Schließlich war es dann soweit und es kam der Moment, auf den alle Gallier schon gespannt gewartet hatten: Unter der Anleitung von Majestix mischten Asterix und Obelix die Zutaten des Zaubertranks zusammen. Doch als Asterix als letzte Zutat die Wildschweintränenessenz hinzugegeben hatte, stieg plötzlich gelbbrauner Schaum in großen Mengen aus dem Kessel empor – offenbar war etwas schief gegangen!

Zu allem Überfluss stellte sich am nächsten Tag heraus, dass die Römer vom Verlust des Zaubertranks erfahren hatten. Gallius Julius Caesar höchstpersönlich stattete dem gallischen Dorf einen Besuch ab und stellte den Bewohnern ein Ultimatum, sich ihm bis zum nächsten Morgen zu unterwerfen. Doch Verzweiflung war fehl am Platz: Schnell entstand der Plan, die römischen Spione im nahen Wald mit einem Bluff zu täuschen, indem man die Verteilung scheinbaren Zaubertranks, der in Wahrheit nur Wasser war, an alle Gallier des Dorfes inszenierte. Es folgte ein Überraschungsangriff auf Kleinbonum und die dortigen durch die Trankverteilung bereits verunsicherten römischen Legionäre. Nach hartem Kampf im Wald gelang es den Galliern schließlich, den im Römerlager aufbewahrten Goldschatz zu stehlen und die Römer samt Caesar damit einmal mehr in ihre Schranken zu weisen.

Kein Wunder, dass für den kommenden Tag zur Feier des Sieges ein Markttag im gallischen Dorf angesetzt worden wurde, bei dem jede Sippe einen Stand beisteuern konnte. Während die einen leckere Cocktails anboten, konnte man sich bei anderen massieren lassen oder wieder anderen dabei zusehen, wie sie Brötchen im Erdofen buken. Und als am späten Nachmittag auch die Essensstände öffneten, musste bei der großen Auswahl an Speisen – darunter Waffeln, Räucherfisch oder Hähnchenflügel – keiner hungrig bleiben. Beim Stammesabend im Anschluss an den Markttag legten dann nicht wenige im Fackelschein ihr Jungpfadfinder- oder Pfadfinderversprechen ab und einige bekamen in diesem feierlichen Rahmen die Bronzelilie verliehen.

Der nächste Tag war schon der letzte „volle“ Tag des Lagers. Bei Workshops widmeten sich die Pfadfinder verschiedenen, meist handwerklichen Tätigkeiten und stellten Halstuchknoten her, bauten Bögen oder legten Mosaike, bevor schließlich der festliche Abschlussabend begann. Ein letztes Mal versammelten sich alle in der großen Arena, in der bereits ein großes Feuer prasselte, sangen Fahrtenlieder und erfreuten sich an den bunten Beiträgen einzelner Sippen. Natürlich durfte auch die Siegerehrung nicht fehlen: Es gab an diesem Abend jede Menge Urkunden für die Sieger der Lagerrallye, des Hajks und des Großen Spiels. Einige Rover verbrachten die letzte Nacht in einer nahen Schutzhütte und sangen noch bis weit nach Mitternacht, und auch auf dem Platz verging einige Zeit, bis die letzten die Lagerfeuer verließen und in ihre Schlafsäcke krochen.

Trotz der kurzen Nacht, waren die Zelte am nächsten Morgen schnell und dank des Sonnenscheins auch trocken abgebaut und nach der großen Abschlussrunde machten sich alle auf den Heimweg. Auch wenn sich alle wohl auf ihr Bett und weitere Annehmlichkeiten zu Hause freuten, so gingen die meisten doch mit etwas Wehmut, war es doch ein wirklich schönes Lager mit meist sonnigem Wetter, vielen Abenteuern und vor allem einer tollen Gemeinschaft unter den Pfadfindern der Region gewesen. Und so konnte vom ReLaMi 2014 – neben dem Lagerabzeichen in Form eines Hinkelsteins und einer mehr oder weniger großen Portion Schlafmangel – jeder drei Sachen mitnehmen: Dankbarkeit für die Erlebnisse der letzten neun Tage, jede Menge schöne Erinnerungen und die Vorfreude aufs nächste ReLaMi!